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Neues vom Kongress der ASCO

Das diesjährige Symposium für urogenitale Erkrankungen der American Society of Clinical Oncology (ASCO GU) fand vom 13. bis 15. Februar 2025 in San Francisco, Kalifornien, USA, statt. Einige Mitglieder unserer Partnerorganisation, der International Kidney Cancer Coalition (IKCC) nahmen an dem Treffen teil, um sich über die Versorgung und Behandlung von Patient:innen mit Nierenkrebs auf dem Laufenden zu halten. Gerne übernehmen wir deren Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und bedanken uns für den unermüdlichen Einsatz für die Interessen der Nierenkrebserkrankten.

Bitte beachten: Die folgende Zusammenfassung wurde von Patientenvertretern für Patientenorganisationen erstellt, die sich für Nierenkrebs-Betroffene einsetzen. Obwohl diese Zusammenfassung medizinisch geprüft wurde, basieren die hierin enthaltenen Informationen auf öffentlichen Daten die beim ASCO GU Kongress vorgestellt wurden, sie sind sicherlich nicht allumfassend und können das Gespräch mit dem Arzt nicht ersetzen.

Take home messages

Abstract 467 untersuchte die Belastung durch metastasierten Nierenkrebs aus Sicht der Patient:innen. Die Erkrankung beeinflusst nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche und den Alltag – etwa beim Schlafen, Essen oder bei sozialen Kontakten. Die Betroffenen müssen häufig Arzttermine koordinieren und regelmäßig mit dem Gesundheitssystem interagieren. Wichtig: Fast alle Patient:innen denken täglich an ihre Krankheit. Es braucht mehr Forschung, um die Versorgung zu verbessern und die Belastung zu verringern.

Abstract 459 zeigte, dass es keinen Unterschied bei den patientenberichteten Ergebnissen (PROs) zwischen der Kombinationstherapie aus Tivozanib plus Nivolumab und Tivozanib allein gab. Die Lebensqualität blieb über den gesamten Behandlungszeitraum stabil. Wichtig: Auch wenn kein zusätzlicher klinischer Nutzen durch Nivolumab nachgewiesen wurde, hatte die Kombination keinen negativen Einfluss auf die Lebensqualität.

Abstract 437 präsentierte Biomarker-Daten aus der CheckMate-214-Studie. Erhöhte Werte des Kidney Injury Molecule-1 (KIM-1) im Blut vor Therapiebeginn waren mit schlechteren Ergebnissen verbunden. Eine Abnahme der KIM-1-Werte drei Wochen nach Beginn der Immuntherapie korrelierte mit besserem Überleben. Wichtig: KIM-1 könnte als Biomarker zur Überwachung der Therapie bei fortgeschrittenem Nierenkrebs dienen.

Abstract 444 zeigte, dass die Kombination aus Durvalumab und Savolitinib weiterhin gute Ergebnisse bei papillärem Nierenkrebs erzielt. Gleichzeitig war eine höhere Menge zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) im Blut mit kürzerem Überleben und Krankheitsprogress verbunden. Wichtig: Die Messung von ctDNA im Blut könnte zukünftig helfen, Verlauf und Prognose besser einzuschätzen.

Abstract 441 berichtete über die Phase-1-Ergebnisse eines neuen HIF-2α-Hemmers namens Casdatifan bei vorbehandelten Patient:innen mit fortgeschrittenem klarzelligem Nierenkrebs. Das Medikament wurde gut vertragen und zeigte erste Anzeichen für eine krebshemmende Wirkung. Wichtig: Weitere klinische Studien laufen bereits, um Casdatifan in Kombination mit zielgerichteten Therapien und Immuntherapie weiter zu untersuchen.

Abstract 438 stellte neue Ergebnisse aus der COSMIC-313-Studie vor. Die Dreifachtherapie aus Cabozantinib, Nivolumab und Ipilimumab verbesserte das progressionsfreie Überleben im Vergleich zur Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab. Die Gesamtüberlebenszeit war in beiden Gruppen ähnlich. Patient:innen mit hohen Werten sogenannter M2-Makrophagen profitierten besonders von der Dreifachtherapie. Wichtig: Weitere Biomarkeranalysen laufen, um besser vorhersagen zu können, welche Patient:innen von dieser Kombination profitieren.

Abstract 439 berichtete Ergebnisse nach fünfeinhalb Jahren Nachbeobachtung zur Kombinationstherapie aus Cabozantinib und Nivolumab bei zuvor unbehandeltem, fortgeschrittenem Nierenkrebs. Die Patient:innen profitierten weiterhin von der Behandlung – unabhängig vom Schweregrad ihrer Erkrankung. Wichtig: Die Studie belegt, dass die Überlebensvorteile dieser Kombination langfristig bestehen bleiben. Sie stützt damit ihre Rolle als Standardtherapie in dieser Patientengruppe.

Abstract 440 untersuchte die Kombination aus Lenvatinib und Belzutifan bei fortgeschrittenem Nierenkrebs. Die Therapie zeigte eine anhaltende Anti-Tumor-Wirkung, bei einem Nebenwirkungsprofil, das mit früheren Studien übereinstimmt. Wichtig: Weitere Studien sind nötig, um den klinischen Einsatz dieser Kombination zu bewerten. Derzeit läuft eine Phase-3-Studie bei Patient:innen, die zuvor eine Immuntherapie erhalten haben.

Abstract 533 präsentierte Daten aus der CABRAMET-Studie zur Behandlung von Hirnmetastasen bei Nierenkrebs. Wichtig: Diese Ergebnisse liefern wertvolle Hinweise für ein bislang unzureichend adressiertes Problem in der Versorgung von Patient:innen mit Hirnmetastasen.

Abstract 555 zeigte, dass eine neoadjuvante Behandlung – also vor einer Operation – mit Lenvatinib und Pembrolizumab bei lokal fortgeschrittenem Nierenkrebs das Tumorwachstum wirksam eindämmen und in manchen Fällen den Tumor sogar verkleinern konnte. Wichtig: Es braucht langfristige Daten, um die Rolle dieser perioperativen Therapie – also vor und nach der Operation – genauer zu definieren.

Abstract 543 untersuchte den Zusatz des probiotischen Bakteriums CBM588 zur Kombination aus Cabozantinib und Nivolumab bei metastasiertem Nierenkrebs. Die Ergebnisse zeigten eine anhaltend vielversprechende Wirksamkeit mit verbessertem Ansprechen und Überleben, bei einem Nebenwirkungsprofil im Rahmen früherer Studien. Wichtig: Die Ergebnisse sprechen für größere Studien mit CBM588. Weitere Untersuchungen sollen klären, wie das Probiotikum den therapeutischen Nutzen steigert.

 

Zusammenfassungen

Die Belastung durch metastasierten Nierenkrebs für Patienten und patientenberichtete Ergebnisse

 

Abstract 467: Die Belastung durch metastasierten Nierenkrebs

Die Anwendung von Kombinationstherapien und die aufeinenderfolgende Verabreichung der krebshemmenden Behandlungen haben die Behandlungsergebnisse für Patient:innen mit metastasiertem Nierenkrebs deutlich verbessert. Diese Studie untersuchte, wie stark die Erkrankung das tägliche Leben beeinflusst und welche Belastung sie für Patient:innen darstellt.

Die Kidney Cancer Research Alliance (KCCure) entwickelte eine Umfrage, die im September und Oktober 2024 über die Website, per E-Mail-Verteiler und über soziale Medien verbreitet wurde.

Insgesamt nahmen 1167 Patient:innen an der Umfrage teil. Zwei von fünf erhielten aktuell eine Therapie gegen metastasierten Nierenkrebs. Von den behandelten Patient:innen hatten sieben von zehn einen aktiven Tumornachweis. Fast die Hälfte der Befragten nahm täglich sieben oder mehr Medikamente ein. Ein Drittel machte sich Sorgen, zu viele Medikamente einnehmen zu müssen.

Im vergangenen Jahr war fast die Hälfte der Patient:innen im Krankenhaus. Im Durchschnitt suchten sie wegen ihrer Krebserkrankung mehr als vier verschiedene Fachärzt:innen auf. Über ein Drittel der Befragten musste in den letzten 90 Tagen eine Notaufnahme aufsuchen, jede:r Fünfte sogar mehrmals. Fast alle Patient:innen mussten mindestens einmal Blut abnehmen lassen und mindestens einen Arzttermin wahrnehmen. Jede:r Fünfte war fünfmal oder häufiger in einer Klinik, fast ein Drittel hatte fünf oder mehr Apothekenbesuche. Etwa ein Viertel wurde stationär aufgenommen – die Hälfte davon mindestens einmal, jede:r Zehnte sogar fünfmal oder häufiger im letzten Jahr. Krankenhausaufenthalte und Notaufnahmebesuche waren mit einer niedrigeren Lebensqualität und höherer Belastung verbunden.

Die meisten Patient:innen (neun von zehn) dachten täglich an ihre Erkrankung, einige davon sogar mehrere Stunden am Tag. Auf die Frage, wie sicher sie sich fühlen, Pläne zu machen, antwortete rund ein Drittel, sie könnten sicher für die nächsten sechs Monate planen. Nur etwa jede zehnte Person fühlte sich in der Lage, für einen Zeitraum von zwei Jahren vorauszuplanen.

Patient:innen ohne Tumornachweis berichteten häufiger von einer ausgezeichneten Lebensqualität – unabhängig davon, ob sie sich in Behandlung befanden oder nicht. Im Gegensatz dazu gaben Patient:innen mit fortbestehendem Tumornachweis und abgeschlossener Behandlung häufiger eine schlechte Lebensqualität an.

Am stärksten beeinträchtigte der Krebs folgende Alltagsaktivitäten: Essen, Schlafen, soziale Kontakte, Lebensmitteleinkauf, Reisen, Kleidung kaufen und Veranstaltungen besuchen.

Menschen mit metastasiertem Nierenkrebs sind körperlich und seelisch stark durch die Erkrankung und ihre Behandlung belastet. Sie sind häufig gezwungen, mit verschiedenen Fachärzt:innen zu interagieren, Arzttermine zu koordinieren und regelmäßig medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen. Fast alle denken täglich an ihre Krankheit. Es besteht ein deutlicher Bedarf an weiterer Forschung, um die Versorgung zu verbessern und die Belastung für Betroffene zu verringern.

 

Abstract 459: Patientenberichtete Ergebnisse unter Tivozanib plus Nivolumab im Vergleich zu Tivozanib allein nach Immuntherapie

In der TiNivo-2-Studie wurden Patient:innen mit Nierenkrebs, deren Erkrankung nicht mehr auf eine Immuntherapie angesprochen hatte, entweder mit einer Kombination aus Tivozanib plus Nivolumab oder mit Tivozanib allein behandelt.

Die Studie zeigte keinen Vorteil der Kombinationstherapie gegenüber Tivozanib allein bei Patient:innen, die bereits eine Immuntherapie erhalten hatten. Tivozanib erwies sich jedoch als wirksame Zweit- oder Drittlinientherapie mit längerer Überlebenszeit und geringerer Rate an behandlungsbedingten Nebenwirkungen. In dieser Präsentation wurde auch die Lebensqualität der Patient:innen untersucht. Diese füllten zu Beginn der Studie, vor jedem Behandlungszyklus sowie am Ende der Therapie standardisierte Fragebögen aus. Dabei wurden Anzahl und Anteil der Patient:innen mit verbesserter, stabiler oder verschlechterter Lebensqualität erfasst.

Die Patient:innen wurden ein Jahr lang nachbeobachtet. Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug etwas mehr als sechs Monate in der Kombinationstherapiegruppe und rund sieben Monate bei Tivozanib allein.

Ergebnis: Es gab keine signifikanten Unterschiede in den patientenberichteten Ergebnissen zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Die Daten zeigten, dass die Lebensqualität vom Studienbeginn bis zum Ende der Behandlung erhalten blieb – unabhängig davon, ob Nivolumab zusätzlich verabreicht wurde.

 

Biomarker für Nierenkrebs

Ein Biomarker ist ein messbarer biologischer Faktor – etwa ein Protein im Blut oder eine Genveränderung –, der Hinweise auf eine Krankheit, deren Verlauf oder das Ansprechen auf eine Therapie liefern kann.

Bei Krebserkrankungen können Biomarker zur Diagnosestellung, zur Prognoseeinschätzung oder zur Auswahl der Therapie beitragen. Aktuell erfolgt die Prognoseeinschätzung bei Nierenkrebs anhand des Tumorstadiums, des -grads, des Subtyps und des Allgemeinzustands des Patienten. Verlässliche Biomarker, um das individuelle Ansprechen und den Krankheitsverlauf besser vorherzusagen, fehlen jedoch bislang. Ihre Identifikation könnte helfen, Therapien besser auf einzelne Patient:innen abzustimmen und die Behandlungsergebnisse zu verbessern.

Zwei Präsentationen auf dem diesjährigen ASCO GU beschäftigten sich mit Biomarkern bei fortgeschrittenem Nierenkrebs:

 

Abstract 437: KIM-1 als prädiktiver Biomarker bei fortgeschrittenem Nierenkrebs
Die Immuntherapie-Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab war die erste zugelassene Kombination für unbehandelte Patient:innen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenkrebs. Sie gilt heute als Standard in der Erstlinientherapie. Mittlerweile ist sie etablierter Standard in der Erstlinientherapie für Patient:innen mit fortgeschrittenem Nierenkrebs.

Frühere Studien zeigten, dass hohe Werte eines Proteins namens Kidney Injury Molecule-1 (KIM-1) im Blut mit einer schlechteren Prognose verbunden sind. Niedrige Werte waren hingegen mit einem besseren Ansprechen auf die Immuntherapie verbunden.

In dieser Studie wurden KIM-1-Werte in Blutproben von 821 Patient:innen der CheckMate-214-Studie gemessen, in der die Kombination aus Nivolumab plus Ipilimumab mit Sunitinib verglichen wurde. Die Messungen erfolgten vor der ersten Dosis der Studienmedikation (Ausgangswert) und drei Wochen nach Beginn der Behandlung (nach einem Behandlungszyklus). Die Forscher wollten herausfinden, ob die KIM-1-Werte im Blut dieser Patient:innen mit dem Behandlungserfolg zusammenhängen.

Ergebnisse:

  • Höhere Ausgangswerte von KIM-1 waren bei beiden Behandlungsgruppen (Nivolumab + Ipilimumab und Sunitinib) mit kürzerem Gesamtüberleben verbunden.
  • Eine Abnahme der KIM-1-Werte drei Wochen nach Therapiebeginn war bei der Nivolumab-Ipilimumab-Gruppe mit verbessertem Überleben assoziiert.
  • Dieser Zusammenhang bestand nicht bei der Sunitinib-Gruppe.

Fazit: Die KIM-1-Werte im Blut könnten ein nützlicher Biomarker sein, um das Ansprechen auf eine Immuntherapie frühzeitig zu erkennen und die Therapie gezielter zu steuern.

 

Abstract 444: Zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) bei fortgeschrittenem papillären Nierenkrebs

Die Phase-2-Studie CALYPSO untersuchte die Kombination aus Durvalumab (PD-L1-Hemmer, Immuntherapie) und Savolitinib (MET-Hemmer, zielgerichtete Tablettentherapie) bei Patient:innen mit papillärem Nierenkrebs – insbesondere bei jenen mit MET-Genveränderungen. Es wurde festgestellt, dass ein Protein namens MET (auch Hepatozyten-Wachstumsfaktor-Rezeptor genannt) das Wachstum und die Entwicklung von Tumoren stimuliert. Savolitinib kann MET blockieren und hat sich bei Patient:innen mit papillärem Nierenkrebs, die Veränderungen in dem Gen aufweisen, das das MET-Protein herstellt (MET-getriebener papillärer Nierenkrebs), als wirksam erwiesen. Die endgültigen Ergebnisse der Studie wurden zusammen mit einem neuen Test auf zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) vorgestellt.

Zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) ist im Blutkreislauf nachweisbar und stammt von Krebszellen und Tumorgewebe. Normalerweise befindet sich DNA im Zellkern. Wenn ein Tumor wächst, sterben einige Zellen ab und werden durch neue ersetzt. Beim Abbau dieser abgestorbenen Zellen gelangen Zellbestandteile, darunter auch DNA, ins Blut. Die Menge der ctDNA variiert von Person zu Person und hängt vom Tumortyp, seiner Lage und dem Krankheitsstadium ab. ctDNA kann als Biomarker genutzt werden – zur Erkennung und Diagnose von Tumoren, zur Steuerung und Überwachung der Behandlung sowie zur Beurteilung des Therapieerfolgs.

Nach fast dreieinhalb Jahren Nachbeobachtung sprachen fast 60 % der Patient:innen mit MET-getriebenem papillärem Nierenkrebs auf die Behandlung mit Durvalumab + Savolitinib an. Die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung lag bei rund 1,5 Jahren. Die Überlebenszeit betrug im Schnitt mehr als zwei Jahre (27,4 Monate).

Fast zwei Drittel der Patient:innen hatten zu Beginn der Studie ctDNA im Blut. Diese Patient:innen lebten im Durchschnitt deutlich kürzer als jene ohne ctDNA (7,3 vs. 36,4 Monate). Bei Patient:innen mit kompletter oder teilweiser Tumorantwort nahm die ctDNA während der Behandlung ab. Bei stabiler oder fortschreitender Erkrankung stiegen die ctDNA-Werte hingegen. Verschwand ctDNA während der Therapie aus dem Blut, war dies mit einer verbesserten Überlebenszeit verbunden.

Die Kombination aus Durvalumab und Savolitinib zeigt weiterhin vielversprechende Ergebnisse bei Patient:innen mit MET-getriebenem papillären Nierenkrebs. Die ctDNA-Überwachung während der Behandlung hat Potenzial als Biomarker zur Einschätzung des Behandlungserfolgs und der Prognose.

 

Neue Therapien bei fortgeschrittenem Nierenkrebs

Abstract 441: Neuer HIF-2α-Inhibitor zeigt vielversprechende Anti-Tumor-Aktivität

Die Therapie des metastasierten Nierenkrebses hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert. Trotzdem schreitet die Erkrankung bei den meisten Patient:innen unter aktueller Behandlung irgendwann fort.

Genetische Analysen zeigen, dass bei vielen Patient:innen das sogenannte VHL-Gen (von Hippel-Lindau) mutiert ist. Diese Mutation führt zu einer vermehrten Bildung eines Proteins namens HIF-2α (Hypoxie-induzierbarer Faktor). HIF-2α fördert das Tumorwachstum. Neue Medikamente, sogenannte HIF-2α-Inhibitoren, blockieren gezielt dieses Protein. Belzutifan, ein HIF-2α-Inhibitor, ist in einigen Ländern bereits zugelassen für VHL-assoziierten Nierenkrebs und stark vorbehandelte Patient:innen mit fortgeschrittener Erkrankung. Nun wurden Ergebnisse einer Phase-1-Studie mit dem neuen HIF-2α-Inhibitor Casdatifan vorgestellt.

Die Studienteilnehmer:innen hatten klarzelligen Nierenkrebs und waren bereits mit Immuntherapie und VEGFR-TKI behandelt worden, jedoch noch nicht mit einem HIF-2α-Inhibitor. 68 Patient:innen nahmen teil, darunter vier in der Dosisfindungsphase. Im Durchschnitt hatten sie drei Vortherapien erhalten. Die Nachbeobachtungszeit betrug rund ein Jahr.

Etwa ein Drittel der Patient:innen mit günstiger Prognose sprach auf die Behandlung an, bei Patient:innen mit mittlerem oder hohem Risiko war es jede:r Fünfte.

40 % der Patient:innen mit der höheren Dosis (50 mg zweimal täglich) berichteten über schwere oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen, bei der niedrigeren Dosis (50 mg einmal täglich) war es rund ein Drittel. Etwa ein Drittel aller Teilnehmer:innen hatte eine ausgeprägte Anämie, weniger als 10 % berichteten über relevante Hypoxie (niedriger Sauerstoffgehalt im Blut).

Casdatifan wurde insgesamt gut vertragen und zeigte vielversprechende krebshemmende Wirkung bei vorbehandeltem klarzelligem Nierenkrebs. Weitere Studien sind notwendig, um die Wirksamkeit zu bestätigen. Zwei klinische Studien sind bereits geplant: eine Phase-3-Studie zur Kombination mit Cabozantinib (einem VEGFR-TKI) und eine weitere Studie mit Casdatifan plus Immuntherapie (Volrustomig).

 

Kombinationstherapien erweisen sich weiterhin als vielversprechend für die Erstbehandlung

Das fortgeschrittene Nierenzellkarzinom wird häufig mit einer Kombination aus immuntherapeutischen Medikamenten (Nivolumab und Ipilimumab) oder einer Immuntherapie (Avelumab, Pembrolizumab oder Nivolumab) plus einer VEGFR-TKI-Tablette (Axitinib, Lenvatinib oder Cabozantinib) behandelt. In einigen Ländern gelten diese Kombinationen inzwischen als Standardbehandlung für zuvor unbehandelte Patient:innen mit fortgeschrittenem Nierenkrebs. Weitere Kombinationen befinden sich in der Entwicklung. Da die langfristige Kontrolle der Krebserkrankung ein wesentliches Ziel der Behandlung ist, sind aktuelle Ergebnisse aus klinischen Studien wichtig. Daher werden wir uns mit den Langzeitergebnissen von Behandlungen befassen, die sich bereits als wirksam erwiesen haben.

Auf der diesjährigen Konferenz der ASCO GU wurden aktualisierte Ergebnisse aus einigen laufenden Studien vorgestellt. Entscheidend ist jedoch, dass keine dieser Studien uns bei der Beantwortung der entscheidenden Frage helfen kann: Welche Kombination von Behandlungen ist für einen einzelnen Patienten mit fortgeschrittenem Nierenkrebs am besten geeignet?

 

Abstract 438: Dreifachkombination Cabozantinib, Nivolumab und Ipilimumab – Überlebensdaten bei unbehandeltem fortgeschrittenem Nierenkrebs

Cabozantinib ist ein VEGFR-TKI, der das Tumorwachstum hemmt, indem er abnorme Proteine blockiert. Er kann die Wirksamkeit von Immuntherapien steigern. Die COSMIC-313-Studie war die erste, die Cabozantinib mit zwei Immuntherapeutika – Nivolumab und Ipilimumab – kombinierte. Diese Dreifachkombination wurde mit der Kombination Nivolumab + Ipilimumab + Placebo verglichen.

855 Patient:innen mit klarzelligem, fortgeschrittenem Nierenkrebs und mittlerem oder hohem Risiko wurden in zwei Gruppen randomisiert. Die Studie war doppelblind. Erste Ergebnisse zeigten, dass die Dreifachkombination das progressionsfreie Überleben signifikant verlängert.

Nach fast vier Jahren Nachbeobachtung blieb dieser Vorteil bestehen (16,6 Monate vs. 11 Monate). Auch das Ansprechen auf die Behandlung war besser (46 % vs. 37 %), und weniger Patient:innen hatten ein Fortschreiten der Erkrankung. Die Gesamtüberlebenszeit war in beiden Gruppen jedoch ähnlich. Schwere Nebenwirkungen traten bei 81 % der Patient:innen unter der Dreifachtherapie auf, verglichen mit 62 % unter Nivolumab plus Ipilimumab. Häufigste Nebenwirkung waren Leberfunktionsstörungen.

Eine explorative Analyse zeigte: Patient:innen mit hoher Konzentration sogenannter M2-Makrophagen im Tumorgewebe profitierten besonders von der Dreifachkombination. Diese Immunzellen sind an der Krebsabwehr beteiligt. Hohe M2-Werte waren auch mit ungünstiger Prognose, vielen Tumorherden und Organmetastasen zu Studienbeginn verbunden.

Fazit: Die Dreifachkombination verbesserte das progressionsfreie Überleben und das Ansprechen, brachte jedoch keinen Unterschied beim Gesamtüberleben. Weitere Biomarker-Analysen laufen.

 

Abstract 439: Fünfeinhalb Jahre Nachbeobachtung mit Cabozantinib plus Nivolumab – Hält der Nutzen an?

Die Phase-3-Studie CheckMate-9ER zeigte, dass die Kombination aus Cabozantinib (VEGFR-TKI) und Nivolumab (Immuntherapie) wirksamer ist als Sunitinib allein. Die Kombination verbesserte das Überleben und verkleinerte den Tumor bei Patient:innen mit fortgeschrittenem, unbehandeltem Nierenkrebs. Nach mehr als 5,5 Jahren zeigte sich, dass die Kombination weiterhin wirksam ist: Sie verbesserte die Überlebenszeit, kontrollierte das Tumorwachstum und führte häufiger zu Rückbildungen im Vergleich zu Sunitinib.

Insgesamt wurden 323 Patient:innen in der Kombinationsgruppe und 328 in der Sunitinib-Gruppe behandelt. Das progressionsfreie Überleben war mit der Kombination fast doppelt so lang (16,4 vs. 8,3 Monate). Das durchschnittliche Gesamtüberleben war über 11 Monate länger (46,5 vs. 35,5 Monate).

Vier von zehn Patient:innen überlebten mindestens fünf Jahre unter Cabozantinib plus Nivolumab, verglichen mit 3,5 von zehn unter Sunitinib. Die Ansprechrate war doppelt so hoch (56 % vs. 28 %), und vollständige Remissionen traten häufiger auf (13,6 % vs. 4,6 %). Auch nach fünf Jahren sprachen doppelt so viele Patient:innen auf die Kombination an (22 % vs. 10 %). Nebenwirkungen waren unter der Kombination etwas häufiger (97 % vs. 93 %) und auch ausgeprägter, aber im bekannten Rahmen.

Fazit: Auch nach 5,5 Jahren profitieren Patient:innen weiterhin von der Kombination. Sie wirkt unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung – auch bei schwer behandelbaren Metastasen (z. B. Knochen, Leber, Lunge). Es wurden keine neuen Nebenwirkungen beobachtet. Die Kombination gilt als Standardtherapie.

 

Abstract 440: Kombinationen aus Pembrolizumab und zielgerichteten Therapien bei fortgeschrittenem klarzelligem Nierenkrebs

Die Phase-1/2-Studie KEYMAKER-U03 untersucht verschiedene Kombinationen aus Immun- und zielgerichteten Therapien bei Patient:innen mit klarzelligem Nierenkrebs. Die Studie prüft unter anderem die Wirksamkeit von Pembrolizumab (Immuntherapie), Lenvatinib (VEGFR-TKI) und Belzutifan (HIF-2α-Inhibitor) bei Patient:innen, deren Erkrankung nach Immun- oder zielgerichteter Therapie fortgeschritten war.

Insgesamt wurden 62 Patient:innen mit Pembrolizumab plus Belzutifan, 64 mit Lenvatinib plus Belzutifan und 73 mit Pembrolizumab plus Lenvatinib behandelt. Die Nachbeobachtungszeit betrug etwa 1,5 Jahre. Fast die Hälfte der Patient:innen sprach auf Lenvatinib plus Belzutifan an, bei einer durchschnittlichen Ansprechdauer von knapp zwei Jahren. Eine vollständige Remission wurde bei einem Patienten beobachtet. Das progressionsfreie Überleben lag bei etwas über einem Jahr. 80 % der Patient:innen überlebten mindestens ein Jahr.

In der Pembrolizumab-Belzutifan-Gruppe profitierten nur 20 % der Patient:innen, 70 % überlebten mindestens ein Jahr.

Schwere Nebenwirkungen traten bei 60 % der Patient:innen unter Lenvatinib plus Belzutifan auf. Es kam zu zwei therapiebedingten Todesfällen (Schlaganfall) in dieser Gruppe und einem weiteren in der Pembrolizumab-Lenvatinib-Gruppe (Ösophagusperforation). Die Kombination Pembrolizumab plus Belzutifan war am besten verträglich (40 % berichteten über schwere Nebenwirkungen).

Fazit: Lenvatinib plus Belzutifan zeigte eine langanhaltende Anti-Tumor-Wirkung. Die Nebenwirkungen entsprachen bisherigen Studienergebnissen. Eine Phase-3-Studie läuft derzeit, um die Kombination weiter zu prüfen.

 

Abstract 533: Cabozantinib zeigt Potenzial bei Hirnmetastasen von Nierenkrebs

Hirnmetastasen bei Nierenkrebs gelten als schwer behandelbar. Trotz Fortschritten in der Behandlung von metastasiertem Nierenkrebs bleiben Hirnmetastasen eine Herausforderung.

Die CABRAMET-Studie untersuchte Wirksamkeit und Sicherheit von Cabozantinib bei Patient:innen mit fortgeschrittenem Nierenkrebs und unbehandelten Hirnmetastasen. Insgesamt nahmen 26 Patient:innen teil, 25 wurden in die Analyse eingeschlossen.

Nach durchschnittlich 3 Jahren und 4 Monaten lag das mediane progressionsfreie Überleben bei etwas über 8 Monaten. Bei knapp der Hälfte blieb die Erkrankung im Gehirn über 6 Monate stabil. Sechs von zehn Patient:innen zeigten eine signifikante Verkleinerung der Hirnmetastasen. Dieser Effekt hielt langfristig an: Bei fast 60 % blieben die Hirnmetastasen auch nach 24 Monaten stabil.

Fazit: Die Ergebnisse liefern wertvolle Hinweise für den Einsatz von Cabozantinib bei Patient:innen mit Hirnmetastasen – ein bislang ungedeckter Bedarf.

 

Abstract 555: Neoadjuvante Therapie mit Lenvatinib plus Pembrolizumab bei lokal fortgeschrittenem Nierenkrebs

Die Wirksamkeit von Immun- und VEGFR-TKI-Kombinationen ist für fortgeschrittenen Nierenkrebs etabliert. Diese Studie untersuchte, ob eine neoadjuvante Therapie – also vor der Operation – mit Lenvatinib plus Pembrolizumab das Tumorwachstum kontrollieren kann.

15 Patient:innen erhielten vier Zyklen der Kombination vor der Operation, gefolgt von der Operation und neun Monaten adjuvanter Pembrolizumab-Therapie.

Ergebnisse: 93 % konnten ohne Verzögerung operiert werden. Drei Patient:innen (20 %) zeigten eine partielle Remission, 80 % hatten stabile Erkrankungen. Es traten keine Progressionen oder operationsbedingten Komplikationen auf. Es wurden keine neuen Nebenwirkungen gemeldet.

Fazit: Die neoadjuvante Therapie war sicher und kontrollierte das Tumorwachstum wirksam. Langfristige Ergebnisse sind nötig, um den Stellenwert der perioperativen Behandlung zu definieren.

 

Abstract 543: Kann das Mikrobiom die Wirksamkeit von Cabozantinib plus Nivolumab steigern?

Untersuchungen zum Darmmikrobiom bei Krebspatient:innen zeigten, dass Antibiotika die Wirksamkeit von Immuntherapien negativ beeinflussen könnten. Ursache ist vermutlich die Veränderung der Darmflora, die das Immunsystem schwächt.

CBM588 enthält das probiotische Bakterium Clostridium butyricum, das kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat produziert und positiv auf das Mikrobiom wirkt. Frühere Studien deuten auf einen verbesserten Therapieerfolg bei Zugabe von CBM588 zu Immuntherapien hin.

In der aktuellen Studie wurden 30 Patient:innen entweder mit Cabozantinib plus Nivolumab allein (10 Patient:innen) oder mit zusätzlichem CBM588 (20 Patient:innen) behandelt. Fünf hatten sarkomatoiden, zwei papillären Nierenkrebs. Nach etwas mehr als zwei Jahren Nachbeobachtung war die Ansprechrate in der CBM588-Gruppe deutlich höher (80 % vs. 20 %). In der CBM588-Gruppe zeigten 90 % eine Tumorverkleinerung, im Vergleich zu 80 % in der Kontrollgruppe. Die durchschnittliche Tumorverkleinerung lag bei 51 % vs. 22 %.

Der Nutzen hielt bei 80 % der CBM588-Gruppe mindestens sechs Monate an, bei der Kontrollgruppe waren es 60 %.

Die Rate schwerer Nebenwirkungen war in beiden Gruppen vergleichbar. Am häufigsten traten Leberwerterhöhungen, Bluthochdruck und Durchfall auf. Es gab keine neuen Nebenwirkungen.

Fazit: Die Kombination mit CBM588 verbessert möglicherweise das Ansprechen und die Überlebenszeit bei metastasiertem Nierenkrebs. Größere Studien sind geplant, um diesen Effekt weiter zu untersuchen.

Danksagung:
Herausgeber:
Dr. Elshad Hasanov (USA)
Dr. Yusuf Acikgoz (USA)

Medizinische Gutachter:
Professor Axel Bex (NL/UK)
Dr. Eric Jonasch (USA)

Medizinischer Redakteur:
Dr. Sharon Deveson Kell (UK)

Übersetzung:
Nierenkrebs-Netzwerk Deutschland e.V.